Fรผr den Christen ist das spirituelle Leben in eine Beziehung zu Gott eingeschrieben, die sich jeden Tag vertieft und die gleichzeitig seine Beziehung zum Nรคchsten, zu Mann und Frau, und zum Universum erhellt.
In der Sicht der New-Age-Bewegung besteht Spiritualitรคt im Experiment mit Bewuรtseinszustรคnden, bei denen ein Gefรผhl der Harmonie und der Fusion mit dem All vorherrscht. Hier bezieht sich der Begriff โMystikโ nicht auf die in der Fรผlle der Liebe stattfindende Begegnung mit einem transzendenten Gott , sondern auf die Erfahrung, die durch eine Rรผckwendung zu sich selbst hervorgerufen wird, auf eine berauschende Empfindung der Selbstaufgabe, des Nur-mehr-eins-mit-dem-Universum-Seins, des Eintauchens in den groรen Ozean des Seins als solchem.
Diese grundlegende Unterscheidung liegt auf allen Ebenen eines Vergleichs zwischen christlicher und New-Age-Mystik offen zu Tage. Fรผr die Letztere besteht der Lรคuterungsweg darin, sich einer Unruhe oder Entfremdung bewuรt zu werden, die durch das Eintauchen in das All-Ganze รผberwunden werden kann. Fรผr die โBekehrungโ muร man Techniken zu Hilfe nehmen, die auf die Erleuchtung abzielen, jene Erfahrung, die das Bewuรtsein des Menschen transformiert, indem sie es mit dem Gรถttlichen in Kontakt bringt, wobei das Gรถttliche als tiefste Essenz der Wirklichkeit aufgefaรt wird.
Dieses immanentistische religiรถse System faรt Gott nicht als Person auf; die Techniken und Methoden, die es anbietet, gehen โvon untenโ aus. So sehr sie eine Versenkung in die Tiefen des Herzens und der Seele enthalten, so sehr bleiben sie nichtsdestoweniger ein im wesentlichen rein menschliches Unterfangen, bei dem der Mensch versucht, aus eigener Kraft bis zur Gottheit aufzusteigen. Es handelt sich oft um eine โElevationโ des Bewuรtseins hin zum dem, was als befreiende Entdeckung des โinneren Gottesโ angesehen wird. Nicht allen ist der Zugang zu diesen Techniken offen; ihre Segnungen sind einer privilegierten spirituellen โAristokratieโ vorbehalten.
Das Grundelement des christlichen Glaubens ist im Gegenteil, daร Gott zu den Geschรถpfen und vor allem zu den – in den Augen dieser โWeltโ – Einfachsten, Schwรคchsten und Unbegabtesten herabsteigt. Es gibt spirituelle Techniken, die nรผtzlich sind und die man deshalb erlernen sollte, aber Gott kann sie umgehen; er hat sie nicht nรถtig. Die christliche Methode, sich Gott zu nรคhern, beruft sich im strengen Sinn auf keinerlei Technik. Das stรผnde im Gegensatz zum kindlichen Geist, den das Evangelium empfiehlt. Das Herz der echten christlichen Mystik hat mit Technik nichts zu tun: sie ist immer Gabe Gottes, und der sie empfรคngt, weiร, daร er ihrer unwรผrdig ist.
Fรผr die Christen ist die Bekehrung eine Rรผckkehr zum VATER, und dies durch den SOHN und in Fรผgsamkeit gegenรผber der Macht des Heiligen Geistes. Und je dichter ihre Beziehung zu Gott wird – was immer und in jedem Fall reines Geschenk ist -, umso mehr empfinden sie das Bedรผrfnis, sich von der Sรผnde abzuwenden, von der spirituellen Kurzsichtigkeit und Selbstgefรคlligkeit, die die vertrauensvolle Hingabe an Gott und die รffnung gegenรผber dem Nรคchsten behindern.
Alle Meditationstechniken mรผssen von jedweder รberheblichkeit und jedem Ehrgeiz gereinigt werden. Das christliche Gebet ist weit davon entfernt, eine รbung in Selbst-Kontemplation, in Ausgeglichenheit und innerer Leere zu sein; es ist vielmehr ein Dialog der Liebe, der eine Bekehrung und die damit verbundene Haltung voraussetzt: den โExodusโ des Ich hin zum โDuโ Gottes. Das Gebet fรผhrt uns zu einer jeden Tag umfassender werdenden Hingabe an den Willen Gottes, was mit der Einladung zu einer tiefen und echten Solidaritรคt gegenรผber unseren Brรผdern verbunden ist.
Angesichts der Tendenz, Psychologie und Spiritualitรคt zu verwechseln, muร betont werden, daร ein groรer Teil der heute angewandten Meditationstechniken kein Gebet darstellen. Sie sind oft eine gute Vorbereitung auf das Gebet und nichts sonst, und dies sogar dann, wenn sie eine Besserung der Stimmungslage oder des kรถrperlichen Wohlbefindens auslรถsen. Die Erfahrungen, die hervorgerufen werden, sind in der Tat intensiv, aber auf dieser Ebene zu bleiben bedeutet, allein zu bleiben, noch nicht in der Gegenwart des Anderen zu sein.
Die Erfahrung der Stille kann uns der Leere aussetzen, anstatt eine im Schweigen erfolgende Kontemplation des Geliebten zu sein. Es stimmt, daร die Techniken, in unseren Seelengrund einzutauchen, letztendlich ein Aufruf an unsere Fรคhigkeit sind, sich dem Gรถttlichen zu nรคhern oder sogar gรถttlich zu werden. Aber wenn in ihnen nicht gewuรt wird, daร Gott ebenfalls auf der Suche nach dem Herz des Menschen ist, sind sie noch kein christliches Gebet.
Sogar wenn diese Erfahrung als eine Vereinigung mit der universellen Energie erlebt wird, macht diese zu leichte โBeziehungโ zu einem Gott, dessen einzige Funktion die Befriedigung all unserer Bedรผrfnisse ist, den Egoismus deutlich, der im Zentrum der New-Age-Bewegung steht.
Die Praktiken der New-Age-Bewegung sind kein wirkliches Gebet, weil sie im allgemeinen zur Introspektion oder zur Fusion mit der kosmischen Energie fรผhren; das christliche Gebet hat eine zweifache Ausrichtung: in ihm wird zwar ebenfalls die Introspektion geรผbt, es ist aber vor allem Begegnung mit Gott. Sogar, wenn der Christ allein ist und im Geheimen betet, ist im bewuรt, daร er immer im Heiligen Geist in der Vereinigung mit Christus, verbunden mit allen Heiligen fรผr das Wohl der Kirche betet.
CONSEIL PONTIFICAL POUR LA CULTURE, Jรฉsus-Christ le porteur dโeau vive.