Der gnostische Glaube an die kosmischen Kräfte und an ein eher vages Schicksal verneint die Möglichkeit einer Beziehung mit dem in Jesus Christus geoffenbarten persönlichen Gott. Für die Christen ist der wahre kosmische Christus jener, der aktiv in den verschiedenen Gliedern seines Leibes, der Kirche, gegenwärtig ist. Sie wenden sich nicht an unpersönliche kosmische Kräfte, sondern an die liebevolle Fürsorge eines persönlichen Gottes.
Für sie muß der Bio-Zentrismus (innerhalb der Kirche) in eine Reihe von sozialen Kontakten transponiert werden. Weit entfernt davon, Gefangene eines zyklischen Modells kosmischer Ereignisse zu sein, konzentrieren sie sich auf den historischen Jesus und besonders auf seine Kreuzigung und seine Auferstehung.
Im Kolosserbrief und im Neuen Testament finden wir eine Lehre, die sich von dem, was implizit im Denken der New-Age-Bewegung gegenwärtig ist, unterscheidet: für den Christen besteht Gott aus einer Dreiheit der Personen, die die Menschheit in dem Wunsch geschaffen hat, die Kommunion des trinitarischen Lebens mit dem Menschengeschöpf zu teilen. Dies bedeutet im Grund, daß eine echte Spiritualität nicht darin besteht, daß wir Gott suchen, sondern darin, daß Gott uns sucht.
In den Kreisen der New-Age-Bewegung geht auch eine Auffassung um, die die kosmische Bedeutung Christi völlig anders versteht. Nach ihr ist der kosmische Christus das göttliche Vorbild, das seine Einheit in der Person Jesu Christi findet (ohne sich auf diese Person zu beschränken). Das göttliche Modell der Einheit ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt (Joh 1, 14). Der kosmische Christus befreit von der Versklavung und dem Pessimismus des mechanistischen Universums Newtons, einem Universum der Konkurrenz, der Gewinner und Verlierer, des Dualismus, der Anthropozentrik, samt dem ärgerlichen Umstand, unser wunderbares Universum auf eine Maschine ohne Geheimnis, ohne Mystik reduziert zu sehen. Der kosmische Christus ist örtlich und historisch; er ist sogar eng mit der menschlichen Geschichte verbunden. Er könnte in unserer Nähe leben oder sogar in unserem tiefsten und echtesten Ich.
Auch wenn diese Behauptung nicht von allen, die der New-Age-Bewegung nahestehen, geteilt wird, so wirft sie mit dieser genauen Beschreibung doch ein Licht auf die Unterschiede zwischen den beiden Auffassungen von Christus. Für die New-Age-Bewegung ist der kosmische Christus ein Vorbild, das sich in vielen Personen, an vielen Orten und zu jeder Zeit wiederholen kann. Man hat es hier mit einem enormen Paradigmenwechsel zu tun, da im Endeffekt Christus lediglich ein in uns selbst liegendes Potential ist.
Im christlichen Glauben dagegen ist Christus kein Modell, sondern eine göttliche Person, deren menschliches und göttliches Antlitz das Mysterium der Liebe des Vaters für jede Person unserer Menschheitsgeschichte offenbart (Joh 3, 16); er lebt in uns, weil er sein Leben mit uns teilt; aber er tut dies, ohne sich aufzudrängen; es erfolgt nicht automatisch. Alle Menschen sind eingeladen, an seinem Leben teilzuhaben, „in Christus Jesus“ zu leben.
CONSEIL PONTIFICAL POUR LA CULTURE, Jésus-Christ le porteur d’eau vive.