Famille de Saint Joseph

Die menschliche Person

par | 23 mars 2005

«Die New-Age-Bewegung glaubt fest an die Möglichkeit, daß der Mensch mit Hilfe eines breiten Spektrums von Techniken und Therapien vervollkommnet werden kann (im Gegensatz zur christlichen Auffassung, nach der der Mensch mit der göttlichen Gnade kooperieren kann).

Sie ist im allgemeinen mit der Aussage Nietzsches einverstanden, nach der das Christentum das vollständige Offenbarwerden des eigentlich Menschlichen verhindert hat.

Vollkommenheit stellt so besehen die Verwirklichung seiner selbst dar; der Mensch folgt dabei einer Wertordnung, die er selbst schafft und die er aus eigener Kraft realisiert. Man kann auch von einem sich selbst erschaffenden Ich sprechen. Gemäß dieser Sicht besteht zwischen den Menschen, so, wie sie heute beschaffen sind und jenen, die sie einmal sein werden, wenn sie ihr Potential völlig verwirklicht haben werden, ein größerer Unterschied als der zwischen den heutigen Menschen und den Menschenaffen.

Man tut gut daran, die Esoterik von der Magie, bzw. dem Okkultismus zu unterscheiden. Die Esoterik sucht nach Erkenntnis. Magie und Okkultismus sind ein Werkzeug, um bestimmte Kräfte zu erwerben. Manche Gruppen sind gleichzeitig esoterisch und okkultistisch. Im Innersten ist der Okkultismus von einem Machtwillen bestimmt, der auf dem Traum beruht, göttlich zu werden. Die Techniken der Bewußtseinserweiterung haben zum Ziel, den Menschen ihre göttliche Macht zu offenbaren, die ihnen ermöglicht, den Weg ins Äon der Erleuchtung zu öffnen.

Eine der extremen Formen dieser Verherrlichung des Menschlichen, die die stimmige Beziehung zwischen Schöpfer und Geschöpf in ihr Gegenteil verkehrt, ist der Satanismus. Satan wird zum Symbol der Rebellion gegen alle Konventionen und Regeln, ein Symbol, das oft aggressive, egoistische und gewaltsame Formen annimmt. Einige protestantische Gruppierungen haben sich beunruhigt gezeigt, weil sie der Ansicht sind, daß in bestimmten, die Jugend stark beeinflussenden Arten von Rockmusik subliminal eine satanische Symbolik gegeben ist. Man ist hier auf jeden Fall weit von der neutestamentlichen Botschaft des Friedens und der Harmonie entfernt! Man hat es dabei mit einer der Folgen der Verherrlichung des Menschen zu tun, wenn diese soweit geht, die Existenz eines transzendenten Gottes zu verneinen.

Das Phänomen wirkt sich nicht nur auf junge Menschen aus. Die Grundthemen der Esoterikkultur sind auch im Bereich der Politik, der Erziehung und der Gesetzgebung gegenwärtig. Das gilt insbesondere für die Ökologie. Eine radikale Ökologie, die den Bio-Zentrismus stark betont, kommt schließlich an den Punkt, wo sie die anthropologische Sicht der Bibel verwirft, nach der der Mensch im Zentrum der Welt steht, weil er qualitativ höher ist als alle anderen natürlichen Formen. In der Erziehung und der Gesetzgebung ist diese Tendenz heute sehr stark ausgeprägt, sogar dann, wenn sie das Menschliche entwertet.

Dasselbe Muster einer esoterischen Bildung tritt in den Theorien in Erscheinung, die den politischen Versuchen der Geburtenkontrolle und den Experimenten der Genforschung zugrunde liegen; in ihnen scheint ebenfalls der Traum der Menschen aufzuscheinen, sich selbst neu zu erschaffen.
Wie hofft man, das zu erreichen? Indem man den genetischen Code entziffert, die natürlichen Gesetze der Sexualität verändert, die durch den Tod gesetzten Grenzen herausfordert.
Nach einer Darstellung der New-Age-Bewegung, die als klassisch gelten kann, werden die menschlichen Individuen mit einem göttlichen Funken geboren, eine Auffassung, in der der alte Gnostizismus nachklingt. Durch diese Gegebenheit sind sie mit der Einheit des Alls verbunden. Sie werden folglich im wesentlichen als göttliche Wesen angesehen, obgleich sie an dieser kosmischen Gottheit auf unterschiedlichen Bewußtseinsebenen Anteil haben.

Wir sind Mitschöpfer und erschaffen unsere eigene Wirklichkeit. Manche Autoren der New-Age-Bewegung behaupten, daß wir unsere Lebensumstände selbst wählen (sogar unseren Gesundheitszustand, gleichgültig, ob gut oder schlecht), und zwar aus einer Sicht heraus, nach der jedes Individuum als schöpferische Quelle des Universums betrachtet wird. Aber wir müssen eine Reise unternehmen, um in der Einheit des Kosmos unseren genauen Platz zu entdecken. Diese Reise ist die Psychotherapie; und das Heil besteht im Erkennen des universellen Bewußtseins.

Sünde gibt es nicht, nur unvollkommene Erkenntnis. Die Identität jedes Menschenwesens wird im universellen Sein und in der Folge der Inkarnationen aufgelöst. Die Menschen sind dem determinierenden Einfluß der Sterne unterworfen, können sich aber der in ihnen wohnenden Gottheit öffnen; dazu müssen sie beständig (mit Hilfe angemessener Techniken) eine größere Harmonie zwischen dem Ich und der göttlichen kosmischen Energie suchen.
Eine Offenbarung oder ein von außen kommendes Heil wird nicht gebraucht: es genügt, dank der Beherrschung jener psychophysischen Techniken, die zur endgültigen Erleuchtung führen, die am Grund des eigenen Ichs gegenwärtige Heilserfahrung zu machen (Selbsterlösung).

Manche Etappen dieser Selbsterlösung sind vorbereitender Natur (Meditation, körperliches Wohlbefinden, die Ausstrahlung von Energien, die sich heilend auf die Person auswirken). Sie bilden den Anfang eines Prozesses der Spiritualisierung, der Vervollkommnung und der Erleuchtung; er trägt dazu bei, die Selbstbeherrschung und die psychische Konzentration auf die „Transformation“ des individuellen Ichs in „kosmisches Bewußtsein“ zu verbessern. Die Person ist dazu bestimmt, eine Reihe von Wiedergeburten zu durchlaufen, bei denen ihre Seele von einem Körper in einen anderen übergeht. Es handelt sich hierbei nicht um den Kreislauf des Samsara im Sinn einer mit Strafe verbundenen Reinigung, sondern um einen nach und nach erfolgenden Aufstieg hin zur vollkommenen Entfaltung des eigenen Potentials.

Man beruft sich auf die Psychologie, um die Bewußtseinserweiterung als „mystische“ Erfahrung zu erklären. Yoga, Zen, transzendentale Meditation und die tantrischen Übungen führen zur Erfahrung der vollen eigenen Verwirklichung oder Erleuchtung. Außerordentliche Erfahrungen (das rebirthing, das im Wiedererleben der eigenen Geburt besteht, die Reisen an die Pforten des Todes, das biofeedback, der Tanz und sogar die Drogen: alles, was eine Veränderung des Bewußtseinszustands hervorbringen kann) führen zum Bewußtsein der Einheit und zur Erleuchtung.

Da es nur einen GEIST gibt, können gewisse Personen als Kanal dienen, um sich den höheren Wesen anzunähern. Jeder Teil dieses universellen einzigen Wesens ist mit allen anderen Teilen verbunden. Der klassische Ansatz der New-Age-Bewegung ist die transpersonelle Psychologie. Ihre Hauptkonzepte sind: der universelle GEIST, das höhere Ich, das kollektive oder persönliche Unbewußte und das individuelle Ich. Das höhere Ich ist unsere eigentliche Identität; es bildet eine Brücke zwischen Gott als göttlicher Intelligenz und der Menschheit.

Die spirituelle Entwicklung besteht in dem Kontakt mit dem höheren Ich, was erlaubt, jedweden Dualismus zwischen Subjekt und Objekt, Leben und Tod, Psyche und Soma, dem Ich und fragmentarischen Aspekten des Ich zu überwinden. Unser begrenztes Person-Sein ist wie ein Schatten oder ein Traum, der vom eigentlichen Ich projiziert wird. Das höhere Selbst enthält die Erinnerungen an die vorangegangenen (Re-)Inkarnationen.

Ziel der Techniken der New-Age-Bewegung ist, die mystischen Zustände willentlich reproduzieren zu können, wie wenn es sich um Labormaterial handeln würde. Wiedergeburt, Biofeedback, sensorielle Isolation, holotrope Atmung, Hypnose, Mantras, Fasten, Schlafentzug und transzendentale Meditation sind alles Versuche, um diese Zustände unter Kontrolle zu bringen und beständig in ihnen zu leben.

All diese Praktiken schaffen ein Klima der seelischen Schwäche (oder Verletzlichkeit); und: wenn die Aufgabe darin besteht, sich neu zu erschaffen, stellt sich die Frage, wer „ich“ ist. Die Begriffe des „inneren Gottes“ und der holistischen Vereinigung mit dem ganzen Kosmos machen nur deutlicher, wie sehr diese Frage gestellt werden muß. Isolierte, individuelle Personalitäten sind für die New-Age-Bewegung (und besonders für die Transpersonelle Psychologie) ein pathologisches Phänomen.

Aber die eigentliche Gefahr liegt im holistischen Paradigma. Die New-Age-Bewegung ist in ihrem Denken auf eine totalitäre Einheit gegründet; eben dadurch wird sie zur Gefahr.

Das „Human Potential Movement“ liefert das beste Beispiel für die Überzeugung, daß die Menschen göttlich sind oder daß sie in sich einen göttlichen Funken enthalten.

Der christliche Ansatz in Bezug zur Natur des Menschen findet seine Nahrung in den Lehren der Heiligen Schrift: die Menschen sind als Abbild Gottes erschaffen (Gen 1, 27) und Gott bringt ihnen, zur großen Erleichterung des Psalmisten (siehe Psalm 8) große Wertschätzung entgegen. Der Mensch ist ein Mysterium, das nur in Jesus Christus völlig offenbart wird (siehe GS 22); sein wirkliches Mensch-Sein kommt ihm nur durch eine Gabe des Heiligen Geistes in seiner Beziehung zu Christus zu.

Wir sind hier weit von der Karikatur des Anthropozentrismus entfernt, die man vom Christentum zeichnet und die sogar von vielen Autoren und Anhängern der New-Age-Bewegung verworfen wird.

CONSEIL PONTIFICAL POUR LA CULTURE
Jésus-Christ le porteur d’eau vive

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